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Alt 18.10.2016, 18:26
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Cassandra Cassandra ist offline
Abyssus abyssum invocat
Ringtraeger
 
Registriert seit: 02.2012
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Im Großen und Ganzen teile ich Deine Ansicht, was den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg bei Frauen als Helden angeht.
Allerdings bin ich anderer Meinung in Bezug auf den Satz "ERFOLGREICHE Frauen müssen im Geschäftlichen die Gefühle außen vor lassen.
Erfolgreiche Männer betreiben Geschäfte wie einen Wettbewerb, in dem sie gewinnen wollen."

Auf das reale Leben angewandt ist das korrekt. Siehe beispielsweise unterkühlte, äußerst beherrschte, aber auch sehr diplomatische Herrscherinnen
wie Maria Theresia oder ganz besonders Queen Elisabeth I. Ihre Kontrahentin Mary Stewart könnte in ihrem Wesen nicht gegensätzlicher sein.
Und wer von beiden landete auf dem Schafott? Die emotionale. Soweit passt alles.

Nun das große "ABER": In der Literatur finden sich wesentlich mehr Romane, Dramen und Erzählungen, die sich mit Mary Stewart befassen, als mit
Elisabeth I. Warum? Weil sie die "spannendere" der beiden ist.
Vernünftige Menschen, die kluge Entscheidungen treffen, werden im Idealfall als solche anerkannt, aber im Zweifelsfall sympathisieren die Massen
dann doch eher mit den emotionalen Schreihälsen und Kraftmeiern.
Menschen reagieren nun einmal nicht immer logisch (und klug).

Darum sind Figuren wie Tyrion und Arya (meine beiden Favoriten bei GoT) zwar äußerst beliebt, aber Cersei hält den Laden am Laufen.
In den ersten Staffeln intrigierte sie mehr oder weniger erfolgreich im Hintergrund (die Nummer mit dem High Sparrow war so dumm, dass es nicht
zu fassen ist - sie hätte sich ja denken können, früher oder später selbst zum Opfer zu werden), doch ab der 6. Staffel änderte sich das.

Sie ist ein Charakter, der nur Verderben bringt - nicht nur für ihre Feinde, sondern gerade für diejenigen, die ihr wichtig sind.
Und jetzt, nach dem Tod (dieses kleinen Schwachmaten) Tommens hat sie endgültig nichts mehr zu verlieren und ist völlig frei in ihrer Willkür. Doch diese
Freiheit ist erst möglich, nachdem sie alles verloren hat.
Die Nummer mit dem Seefeuer war zwar nicht schlau, aber spektakulär - und dafür lieben die Fans sie.
Cersei ist mit Sicherheit weder weise noch diplomatisch - aber sie ist in ihrer geballten Emotionalität eine Furie, und das macht ihren Charakter mittlerweile
so faszinierend und vor allem unentbehrlich für GoT.

In der realen Welt würde sich jemand wie sie, mit diesen (selbst-)zerstörerischen Tendenzen, nicht lange halten können, aber in der Fantasy-Welt von GoT
schafft sie es hoffentlich bis zum Finale.
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Im Feuer steckt der Funke des Chaos und der Zerstörung,
der Samen des Lebens


("Magic")

(Photo: Franz Herzog © 2004)
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