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Alt 09.12.2008, 10:08
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Deva Deva ist offline
Adeliger der Drow
Hueter der Heilenden Quellen
 
Registriert seit: 05.2006
Ort: Khandahur
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Obwohl es keine Nacht und keinen Tag in der Unterwelt gab, so gab es allerdings Zeiten, wo die meisten Drow schliefen und wann nicht. Die purpurfarbenen Leuchtkristalle, welche sich auf eisernen Podesten überall in der Stadt befanden, spendeten das Licht. Allerdings wurden nach und nach schwächer, bis sie komplett verlöschten, nur um dann in wenigen Stunden in all ihrer Pracht die Stadt zu erleuchten. Genau in diesem Zeitraum schliefen die Drow.
Nur wenige waren dann noch in den Straßen unterwegs. Meist nur die Stadtwachen der Spinnenkönigin, aber auch Diebe, Mörder und anderes Gesindel, dem man nicht unbedingt begegnen sollte.
Im sicherem Sommerhaus des Hauses Oustyl, erholten sich Talindra, die Letzte ihres Hauses, und ihr mehr als kümmerliches Gefolge. Im Vergleich zum stolzen und majestätischen Anwesen, wirkte die Sommerresidenz jämmerlich. Ein kleines, längliches Haus, bestehend nur aus Erdgeschoss und erstem Stock, umzäunt von einem hohen, vergitterten Zaun aus Stahl, auf dessen massiv wirkenden Tor das Zeichen des Hauses geschmiedet war. Die gekreuzte Hand mit dem blutigen Auge in der Handinnenfläche. Das war das Familienwappen der Oustyl. Über viele Jahrhunderte erhob sich das Haus über alle anderen Häuser und stand sogar in der Gunst des Hexenkönigs, aber dieser Ruhm war längst zu Staub zerfallen, ebenso wie die Ahnen der Hohepriesterin. Ihr Haus war schon lange dem Untergang geweiht. Ein tyrannischer Vater, der trotz seiner Strenge, nur aus Dummheit bestand. Ihre Mutter, eine feige, kriechende Speichelleckerin. Gleiches galt für ihre Geschwister. Elende parasitäre Brut.
Nun waren sie alle tot und sie konnte ihr Haus retten. Sie wusste ganz genau, was sie tun musste und was es sie kosten würde. Vor allem der Gedanke, das engelsgleiche Wesen zu spielen, dass sie nicht war, bereitete ihr unruhige Träume. Ständig wachte sie auf und ging vor ihrem riesigen Prunkbett auf und ab. Auch wenn es die Hohepriesterin nie zugeben würde, sie machte sich Sorgen. Ihr Meisterplan musste aufgehen und er würde es. Notfalls würde sie auf ihre Geheimwaffe zurückgreifen.
Der Lich war unbesiegbar und mit ihm konnte sie eine Armee aus dem Nichts ausheben, allerdings noch nicht. Der Untote hatte sich zwar auf dieser Ebene der Realität manifestiert, aber das volle Spektrum seiner Kräfte konnte er noch nicht entfesseln. Nach dem Buch konnte dies mehrere Wochen oder gar Monate dauern, bis dies der Fall war.
Solange musste sie an ihrem Plan festhalten und ihn umsetzen. Mit diesem Gedanken schlief sie in ihrem Nachtkleid mitten im Stand ein.
Sie erwachte einige Stunden später auf den Boden ihres Schlafgemaches. Glücklicherweise nicht auf den kalten Marmor, sondern auf den edlen Teppich, ein uralten Geschenk eines längst untergegangenen Hauses.
Sie rechnete fest mit einer frühen Reaktion, deshalb eilte sich hastig zu ihrer wuchtigen Kommode, geschnitzt aus einem einzelnen Baum, und suchte sich dort ein nicht weniger auffälliges, wie elegantes Kleid heraus.
Es war ein nachtschwarzes Samtkleid mit weiten Trompetenärmeln. Durch die Verschnürungen an den Seiten konnte man dieses Kleid sogar noch modifizieren. Um ihre Taille besonders hervorzuheben, zog Talindra Oustyl die Schnüre straf. Zwar war in diesem Haus kein einziger Spiegel, jedoch stand ihr das Kleid perfekt. Es war, wie für sie geschaffen. Wie konnte es auch anders sein. Hätte der Schneider gepfuscht, hätte sie ihm wahrscheinlich die Ohren abgerissen.
Freudig erregt verließ sie ihr Schlafgemach und schritt einen kurzen, aber dafür umso aufwendiger gestalteten Korridor entlang, welcher an einer breiten Wendeltreppe endete.
An den Wänden hingen die Gemälde all ihr Ahnen, auch die ihrer toten Familie. Um die war es nicht schade, dachte sie, als die Hohepriesterin über den roten Teppich ging. Fast hätte sie ihre Sandalen vergessen, dessen Verschnürung bis zu ihrem Schienbein hoch ging.
Als sie die ersten Stufen der Wendeltreppe hinter sich gelassen hatte, sah sie schon ihre Wunderwaffe und den Hauptmann, wie sie an einem langen Tisch saßen und unverblüht auf sie warteten. Allerdings stimmte irgendetwas nicht. Seria schaute etwas unsicher.
Der Lich schaute sich unsicher um. Ihr war so entsetzlich heiß und sie fühlte sich irgendwie glücklich beschwingt. Ständig hatte sie den Hauptmann angeguckt, der bei Licht besehen, gar nicht so schlecht aussah und der ihr wirklich gefiel.
Auch dieser hatte sie zum ersten Mal angelächelt. Irgendetwas stimmte nicht mit ihr. Wahrscheinlich war sie krank. Ja, dachte Seria, das wird es wohl sein.
Als Talindra Oustyl das Erdgeschoss betrat, sprang Dreth sofort auf und verbeugte sich vor ihr, bis sie ihm gestattete sich wieder zu rühren.
Seria Mier wollte nicht aufstehen und blieb deshalb sitzen, vergraben in ihr Gewand, versteckt unter der Kapuze, die sie bis zum Anschlag über ihr Gesicht gezogen hatte.
,,Was habt ihr?" wollte Talindra Oustyl wissen, schließlich wollte sie nicht, dass es dem Lich schlecht ging. Das würde das Wiedergewinnen seiner Kräfte nur erheblich in die Länge ziehen.
,,Mir ist so heiß. Und ich kann meine Augen nicht von eurem Diener lassen. Ist das bei euch eine Krankheit oder so was in der Art?" wollte sie wissen, denn obwohl sie wie eine Drow aussah und fühlte, war ihr diese Rasse vollkommen unbekannt.
Die Hohepriesterin fasste ihr unter die Kapuze und fühlte ihre Stirn, bis sie zu Kichern begann und mit einem scharfen Ton den Hauptmann bat den Raum zu verlassen.
Dann setzte sie sich auf einen der formschönen Stühle neben ihr.
,,Was ihr momentan empfindet ist keine Krankheit, es ist vielmehr das Feuer unseres Volkes. Die Leidenschaft, die durch euren Körper strömt. Ich hatte am Anfang gedacht, dass diese Transformation nur eine billige Maskerade wäre, aber dies scheint nicht so. Ihr macht jetzt das durch, was jede weibliche Drow ein paar Mal im Monat durchlebt...." Die Hohepriesterin erklärte dem Lich genau, was in diesen Tagen mit ihr passierte. Ihre Körperwärme nahm zu und ihr Körper verströmte erhöht Pheromone. In diesem Zeitraum waren weibliche Drow unwiderstehlich für das andere Geschlecht. Die Alchemisten der Magierschule behaupteten allen Ernstes, dieser biologische Prozess, sei auch der einzige Grund, warum die Spezies der Drow noch existieren würde. Talindra Oustyl erklärte es etwas simpler, aber Seria verstand. Deshalb hatte sie ein irreführendes Interesse an den Hauptmann. Die Lust des Fleisches.
Plötzlich klopfte es an die Tür und unaufgefordert trat der Hauptmann mit einer Schriftrolle in der Hand in den Speisesaal.
Seria Mier blickte verlegen weg. Dieses Gefühl war ihr irgendwie unangenehm.
,,Ein Bote der Spinnenkönigin hat dies soeben vor dem Tor abgegeben." ging Dreth auf die Hohepriesterin zu und überreichte das Schriftstück.
Schnell rollte sie diese auf und las darin.
,,Genau, wie es mir gedacht habe. Die Spinnenkönigin gewährt mir eine Audienz. Dieses verlogene Miststück möchte wohl überprüfen, ob ich etwas über die Vorkommnisse weiß. Ein plumper Versuch. Nun gut, Hauptmann, ihr werdet mich dahin begleiten. Davor werden wir noch einige alte Freunde besuchen und Sorge tragen, dass meine neue Zofe schon immer existiert hat." spielte sie dabei auf einige Meldestellen an. Fast jede Familie der Drow, sei sie arm oder reich, hatte einen Stammbaum, noch dazu mussten die reichen Häusern ihre Bediensteten von der einfachen Bevölkerung loskaufen. Also musste die Hohepriesterin nicht nur einen falschen Stammbaum erschaffen, sondern auch eine ärmliche Familie für eine Lüge bezahlen. Es sollte schließlich keinen Zweifel geben, dass Seria Mier zuvor nicht existiert hatte.
,,So und nun zu euch, meine Zofe. Ich kann euch heute leider nicht gebrauchen, deshalb schenke ich euch diesen Tag. Geht in die Stadt und genießt euer Leben." selten hatte Talindra Ousty sich so großzügig gezeigt, aber sie wollte keinesfalls von der Spinnenkönigin entlarvt werden. Diese alte Krähe war findig und hätte vielleicht herausgefunden, dass Seria Mier nicht existiert hatte. Da sie noch vollkommen unbekannt war, würde keiner Verdacht schöpfen. Wenn sie allerdings mitkommen würde, wüsste die Spinnenkönigin davon und würde ihre Agenten auf sie hetzen. Dem wollte sie entgehen.
,,Kann ich nicht hier im Haus bleiben? Ihr wisst doch von meinem "Problem"." betonte die hübsche Drow.
,,Nein. Ihr seid nun am Leben, also genießt die Zeit. Ihr bekommt ein wenig Gold, damit ihr euch ein wenig etwas kaufen könnt. Glaubt mir, auf den Markt gibt es immer etwas. Oder ihr schaut euch die blutigen Kämpfe in der Arena an. Besucht die Schulen unseres Volkes, jedoch betretet nicht die der Assassinen. Das sind feige Mörder. Unsere großartige Bibliothek ist auch einen Blick wert oder die heiligen Tempel von Orbb'Valsharess. Ihr habt die freie Wahl, wie ihr diesen Tag gestaltet. Und tut mir einen Gefallen. Werft euch nicht den erstbesten Drow an den Hals." bestand Talindra Oustyl auf ihre Großzügigkeit.
Nachdem alles erledigt war, überlies die Hohepriesterin ihrer Zofe einen kleinen, ledernen Beutel mit einigen Münzen und verließ danach das Haus mit den Hauptmann Dreth. Seria Mier war allein. Sie überlegte. Vielleicht war es gar nicht so schlecht sich in der Stadt frei bewegen zu können. Sie hatten so viele Gefühle und Wünsche, die sie als Lich nie hatte. Ja, entschloss sie sich und verließ das Haus....
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