Einzelnen Beitrag anzeigen
  #40  
Alt 13.11.2005, 22:51
Benutzerbild von Fenni
Fenni Fenni ist offline
Borussin
Inspirator aller Magier
 
Registriert seit: 10.2005
Ort: Waltrop
Beiträge: 1.745
Ich dachte eigentlich, ich könnte das Kapitel, das nur von dem Familienleben handelt, getrost weglassen, da es eigentlich ziemlich langweilig ist und die Handlung in keinster Weise vorrantreibt. Aber mir wurde schon von einigen Leuten gesagt, dass es vielleicht doch bessere wäre, es zu posten. Da es aber ziemlich lang ist, hier nur ein "kleiner Ausschnitt", damit ihr wisst, woher das fünfte Kind kommt. . Sie bekommen aber am Ende noch ein sechstes, über das habe ich aber nix geschrieben. Sollte das allzu arg ins Gewicht fallen, dann bitte umgehend Bescheid sagen, ich versuch mir dann noch über Kind Nummer sechs was aus den Fingern zu saugen.



Nachdem sie das Fest der grünen Wiesen gefeiert hatten, spürte Soe, dass sie wieder schwanger war. Sie war nicht sonderlich begeistert von der Tatsache. Janosch und Collin brauchten sie zwar nicht mehr so dringend, trotzdem war sie noch ziemlich von ihnen in Anspruch genommen. Sie wusste natürlich, dass es bestimmte Kräuter gab, mit denen sie das Ungeborene wieder loswerden konnte, aber niemals würde sie einen solchen Schritt gehen, ohne vorher mit Andras darüber zu sprechen. Doch sie merkte gleich, dass es wohl kaum mit dem, was sie vorhatte, einverstanden sein würde, denn als sie ihm sagte, dass sie schwanger war, rief er: „Das ist ja wunderbar, ganz wunderbar. Den Geistern sei gedankt!“ Er hob sie hoch und wirbelte sie einmal im Kreis herum. Seine Augen leuchteten, als er sie wieder auf den Boden stellte.
Er sah so überglücklich aus, dass Soe ihm am liebsten gar nichts von ihren Bedenken erzählen wollte, doch dann gab sie sich einen Ruck: „Aber die Arbeit wird uns sicher zu viel. Wenn das Kind geboren wird, sind Janosch und Collin immer noch sehr klein und wir müssen uns auch weiterhin um sie kümmern. Wir haben bei Maja doch auch gewartet bis Susann zwei Jahre alt war, ich finde es am besten, wenn wir es diesmal auch tun. All zu lange wird es ja auch nicht mehr dauern, Janosch und Collin werden in diesem Winter schon ein Jahr alt.“
Er lachte. „Ach, so ein Unsinn. Es wird sicher nicht zuviel Arbeit werden. Das Kind schläft doch sowieso den ganzen Tag lang.“
Soe spürte, wie sie wütend wurde, weil er überhaupt nicht auf das einging, was sie gesagt hatte. Sie holte einmal tief Luft, um ihre Stimme zu beherrschen und dann sagte sie ruhig: „Du hast leicht reden. Du musst das Kind ja auch nicht stillen und es herum tragen, wenn es schreit, darauf achten, dass es immer im Warmen ist, dass es nicht zu laut ist und all diese Dinge.“
Er ergriff ihre Hand. „Aber das haben wir doch auch ganz fabelhaft bei Janosch und Collin geschafft. Sieh sie dir an, sie entwickeln sich prächtig. Und du musst daran denken, dass es damals zwei kleine Kinder auf einmal waren. Diesmal wäre es nur eins.“
Sie entzog ihm ihre Hand und diesmal konnte sie ihre Stimme nicht mehr beherrschen. „Woher weißt du das? Glaubst du, ich würde ständig nur ein Kind bekommen? Was ist, wenn es zwei sind? Oder vielleicht sogar drei. Es kommt selten vor, ja. Aber das heißt doch nicht, dass es uns nie passieren würde. Und warum redest du immer nur von ,wir'? Den größten Anteil an Collins und Janoschs Erziehung habe ich ja wohl übernommen! Du warst doch ständig auf deinen Reisen durch das Land! Bei allen Geistern, du warst noch nicht einmal dabei, als sie angefangen haben zu krabbeln! Wie kannst du da von ,wir' sprechen?! Und beim nächsten Kind wird es sicher genau so werden: Ich bleibe mit unseren fünf kleinen Kindern zu Hause, denn Susann und Maja sind immer noch kleine Kinder, auch, wenn du das vielleicht nicht siehst, und du würdest wieder schön durch das Land reisen, zurückkommen und dann sagen, wie gut wir die Kinder erzogen haben!“
Er ergriff sie am Arm und sie sah in seinem Gesicht, dass sie ihn verletzt hatte. „Soe...“ fing er an, aber sie wandte sich von ihm ab und lief davon. Sie wusste, sie konnte nicht einfach so aus dem Haus gehen, weg von ihren Kindern, doch sie konnte sich nicht zurückhalten. Sie lief, bis sie unten am Strand angekommen war. Dort setzte sie sich in den Sand, vergrub den Kopf in den Armen und weinte eine ganze Zeit. Sie wusste, dass es aus Wut über sich selbst war. Sie hatte keinerlei Recht, Andras mit den Vorwürfen, die sie ihm gemacht hatte, zu konfrontieren. Sie wusste, als sie ihn geheiratet hatte, dass er Pflichten hatte, die er erfüllen musste, damit es dem Land gut ging. Doch sie hätte nicht gedacht, dass er ihr so oft fehlen würde, wenn sie ihn grade am nötigsten brauchte. Wie oft hatte sie sich gewünscht, dass er bei ihr war, wenn Collin wieder einmal nicht einschlafen wollte oder wenn eines von ihren Kindern krank geworden war. Sie wusste zwar immer genau, was zu tun war, aber es war trotzdem ein schlimmes Gefühl, wenn das eigene Kind heiß und fiebrig da lag. Wie oft hatte sie sich da danach gesehnt, dass er da war, sie in die Arme nahm und ihr versicherte, dass alles wieder gut werden würde. Doch er war dann immer unterwegs.
Schließlich verebbten ihre Tränen. Sie seufzte, wischte sich über die Augen, hob den Kopf und blickte aufs Meer hinaus. Es herrschte nicht viel Wind und die Wellen, die an den Strand plätscherten, waren klein und harmlos.
Sie wusste nicht, wie lange sie einfach nur da saß und aufs Meer hinausstarrte, aber es musste eine lange Zeit gewesen sein, denn der Himmel färbte sich rosa und die Luft wurde kühler, so dass sie anfing zu frösteln und die Schultern zusammenzog. Plötzlich spürte sie hinter sich eine Bewegung und dann wurde ihr ein Umhang um die Schultern gelegt und Andras setzte sich neben sie und ergriff ihre Hand. Sie schwiegen eine ganze Weile und schließlich sagte Soe leise: „Verzeih mir bitte.“
Er blickte sie nicht an, sondern sah aufs Meer hinaus als er erwiderte: „Was soll ich dir denn verzeihen? Dass du mir endlich einmal die Wahrheit gesagt hast? Wie konnte ich nur so dumm sein und denken, du würdest prima damit zurecht kommen, wenn ich dich für ein paar Wochen mit unseren vier kleinen Kindern allein lasse? Immer wenn ich nach Hause kam sah ich glückliche und gesunde Kinder und meine wunderbare Frau und ich dachte, es wäre alles in Ordnung. Und wenn ich auf die nächste Reise ging und wiederkam, war es genau so. Und bei der nächsten wieder und immer so weiter. Ich danke dir, dass du mir die Augen geöffnet und mir gesagt hast, dass es nicht so ist, wie ich immer gedacht habe.“
Sie senkte den Blick. „Nein, es war falsch. Ich wusste damals, als ich dich heiratete, was du für Pflichten haben wirst. Du hast es mir selbst gesagt, erinnerst du dich? Aber ich habe mich nie darauf eingestellt, ich habe immer erwartet, dass du da bist und mir helfen kannst. Ich muss eben lernen, anders zu denken. Ich kann nicht gleichzeitig auf die Kinder aufpassen und sie großziehen und mich auch noch um die Menschen im Dorf kümmern. Eine Aufgabe werde ich abgeben müssen und da bleibt nur die letztere.“
„Nein!“ rief er fast erschrocken. „Das kann ich nun wirklich nicht von dir verlangen. Das ist deine Aufgabe, vielleicht sogar mehr, als Kinder großzuziehen. Du...du tust es schon, seitdem ich dich kenne...du kannst nicht einfach damit aufhören. Denk doch mal an die Menschen im Dorf. Erinner dich, wie dankbar sie dir immer waren, wenn du ihnen geholfen hast. Nein, nein, es muss irgendwie anders funktionieren.“
„Ich habe ja noch Ami,“ warf Soe ein, die sich lebhaft vorstellen konnte, in welche Richtung dieses Gespräch gehen würde.
Andras lachte, aber es klang bitter. „Ami? Ich bitte dich, sie ist selber noch ein Kind, wie soll sie da Kinder großziehen? Nein, nein. Nur Ami ist viel zu wenig. Wir müssen uns etwas anders einfallen lassen.“ Er ließ ihre Hand los, stützte den Kopf hinein und Soe sah in seinem Gesicht, dass er angestrengt nachdachte.
„Was ist mit den Kindern?“ fragte sie ihn schließlich zaghaft und er erwiderte kurz: „Sie schlafen alle.“ Und dann dachte er weiter nach.
Schließlich wurde Soe das Schweigen zuviel. Sie wickelte sich eng in den Umhang und räusperte sich. „Ich...ich habe übrigens beschlossen, dass ich das Kind bekommen will. Ich bin völlig entsetzt, dass ich mit dem Gedanken gespielt habe, es abzutreiben. Nein, nein, ich werde es bekommen und es wird genau so glücklich werden wie die anderen vier.“
„Gut,“ erwiderte Andras. „Und ich werde so lange bei dir bleiben, bis die Kinder groß genug sind und uns nicht mehr so sehr brauchen, wie sie es jetzt tun. „
„Wie willst du das anstellen?“ fragte Soe. „Du kannst deine Reisen nicht aufgeben, sie sind wichtig.“
„Nein, die Reisen müssen bleiben, aber es heißt ja nicht, dass ich sie unbedingt machen muss,“ antwortete Andras. „Mir ist grade eingefallen, dass ich vielleicht einige Männer dazu ausbilden kann, anstatt meiner diese Reisen zu unternehmen und in meinem Namen Recht zu sprechen. Ich denke grade besonders an Tobis' Sohn. Ich habe mich am Apfelblütenfest mit ihm unterhalten, er hat auf mich einen sehr schlauen Eindruck gemacht und wird wohl kaum damit zufrieden sein, sein ganzes Leben damit zu verbringen, den wunden Euter einer Kuh oder irgendeine Pferdekrankheit zu behandeln. Ich werde gleich morgen mit ihm reden und ich bin sicher, er ist mit meinem Vorschlag einverstanden.“
„Das ist eine wunderbare Idee,“ rief Soe und bei dem Gedanken, dass diese Plan tatsächlich funktionieren würde, wurde ihr vor Glück ganz warm ums Herz. Aber kurz danach kamen ihr die ersten Zweifel. „Aber was ist, denn die Leute das nicht akzeptieren und nach dem König verlangen?“
„Nun, zuerst wird es sicher so sein, ich habe schon oft gemerkt, dass man es nicht gerne sieht, wenn Altbewährtes neuen Ideen weichen muss, aber ich suche mir für diese Aufgabe natürlich nur Menschen aus, die sich durchsetzen können und sich von ein wenig Protest nicht gleich ins Bockshorn jagen lassen. Und wenn die Leute merken, dass man ihnen genau so vertrauen kann wie mir, dann werden sie sie schnell akzeptieren. Natürlich werde ich auch irgendwann mal wieder eine Reise machen, aber erst dann, wenn die Kinder groß genug sind, um auf den Pferden zu sitzen und dann kann ich euch vielleicht alle mitnehmen.“
Soe lächelte. „Das ist eine wunderbare Idee.“
Er lächelte zurück. „Ja, das denke ich auch. So wird es sicher funktionieren und du kannst dich auch weiterhin um die ganzen Krankheiten kümmern.“ Er stand auf und zog sie hoch. „Aber nun komm, es ist ziemlich kalt geworden.“
Arm in Arm machten sie sich auf den Weg zurück zu ihrem Haus.

Geändert von Fenni (14.11.2005 um 18:36 Uhr)
Mit Zitat antworten