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Alt 06.05.2014, 10:21
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Formorian Formorian ist offline
Dunkler Wanderer
Drachentoeter
 
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Anfang meines Romans

Ich schreibe z.Z. an einem Buch (zum ersten Mal seit gut 30 Jahren ), in dem neben anderem die Entstehung des Dämons Ipamis aus der FF-Antho geschildert werden soll. Und natürlich ist der Anfang immer der höchste Berg, den es da zu meistern gilt. Deshalb möchte ich ihn hier einmal vorstellen mit der Bitte an Euch, Eure Meinung dazu zu sagen. Würdet Ihr nach der Anfangsszene noch weiterlesen, oder habe ich mal wieder viel zu dick aufgetragen? Weckt das Teil überhaupt irgend ein Interesse?

Kapitel 1

Unterwelt

Sturm zieht auf

Sie waren die Daugarshim. Die Hände, die zerbrachen.
Ihre Meister, die Herren der Nacht, hatten sie aus ihrem traumlosen Schlaf erweckt, damit sie ihren Dienst für sie verrichteten. Also waren sie unterwegs, ihre Bestimmung zu erfüllen. Schattengleich, nicht das allerleiseste Geräusch verursachend, glitten sie durch das Traumgebirge, huschten über Felsen hinweg, zwischen nachtschwarzen Föhren hindurch, über reißende Flüsschen und trockenes Gehölz. Keinerlei Beachtung schenkten sie den panisch kreischenden Träumern, die das Pech hatten sich auf ihren allnächtlichen Wanderungen hier in das Jagdgebiet der Herren der Nacht zu verirren. Doch heute gab es hier keine Jagd. Keine schäumenden, struppigen Nachtbestien sprangen herum und schnappten nach den verängstigten Seelen, die am Ende ohnehin immer entkamen. Die Dunklen Lords, als die allmächtigen Herren des Nachtreiches Nargrand Sul, jagten sie dennoch, des Spaßes wegen.
Doch sie waren die Daugarshim, das stille Verderben, der Tod. Man sandte sie nicht zum Spaß aus, fröhlicher Sport lag nicht in ihrer Natur. Sie waren die Schattensoldaten, die niemandem Gnade gewährten noch sie für sich selbst erwarteten. Und niemand, dem es nicht erlaubt war, war ihnen jemals entkommen.
Die ewige Nacht von Nargrand Sul wich zurück, als die stille schattenhafte Schar einer schwarzen Woge gleich aus dem Traumgebirge heraus floss und den trügerischen Boden von Xordrris betrat, der unsteten Domäne der Chaoslords. Hier war nichts für längere Zeit so, wie es schien, so völlig anders als im Reich der endlosen Dunkelheit. Blutrot glühte der Himmel über ihnen, alles in einen grandiosen rubinfarbenen Glanz tauchend, nur um gleich darauf in prächtigstem Kobaltblau zu erstrahlen. Im nächsten Augenblick jagten bleierne Wolken über sie hinweg, und zischende Blitze fuhren von ohrzerreissendem Donner gefolgt in die Reihen der Angreifer. Auch der Boden unter ihren Füßen war ständiger Veränderung unterworfen. Gerade noch liefen die Daugarshim über nackten zerklüfteten Fels, und im nächsten Moment verwandelte sich dieser zu einem stinkende Blasen treibenden Sumpf. Dann erstreckte sich unter ihnen eine endlose Fläche sauber gefügter Marmorplatten, und jede einzelne zeigte die Gesichter lachender, glücklicher Menschen. Im nächsten Augenblick erschien ohne Warnung eine gewaltige Lavapfütze und verschlang einige Dutzend der Schattensoldaten, nur um gleich darauf einer blumengesprenkelten duftenden Frühlingswiese Platz zu machen.
Unbeeindruckt stürmten die Angreifer weiterhin voran, und dann trafen sie auf die ersten Bewohner dieses unbeständigen Reiches. Riesenhaft, geradezu gigantisch erhoben sie sich aus dem wild sich wandelnden Urgrund, höher als der höchste Turm von Nargrand Sul. Tellerrunde, golden glänzende Augen starrten den Eindringlingen entgegen, so groß wie drei Daugarshim übereinander. Scheunengroße Münder öffneten sich und entließen ein gellendes Geschrei, das schmerzhaft in den Ohren der Schattensoldaten zitterte. Jedoch machten die Hühnen keinerlei Anstalten, sich ihren winzigen Gegnern entgegen zu werfen. Es war das blanke Entsetzen, das sie zum Schreien brachte.
Wie die Ameisen, die sich auf eine Schnecke stürzen, wogten die Daugarshim über sie, deckten sie völlig unter sich zu, und ein jeder tat das Seine. Nach und nach verebbten die Schreie, und die Gewaltigen sanken in sich zusammen und vereinigten sich wieder mit dem Grund, aus dem sie emporgewachsen waren.
Doch die Schreie waren gehört worden. Ein Schwirren wie von Abermillionen von Bienen erklang über den Schattensoldaten, und aufblickend gewahrten sie die fliegenden Kreaturen, die über ihren Köpfen aufgetaucht waren und aus dicken Backen heraus schimmernde Wolken auf sie hernieder spien. Wo sie trafen, da stürzte ein Daugarshim als blankes Skelett nieder, als ungezählte winziger, immer hungriger Larven sich an ihn hefteten und dinierten. Hunderte fielen von einem Augenblick zum nächsten.
Völlig ruhig, konzentriert und sicher zielend, richteten die Schattensoldaten ihre Feuerschleudern auf die Flieger und entließen deren zerstörerische Macht. Puffend flammten gleißende Lichtblitze am unsteten Himmel auf, als die Verteidiger im mörderischen Impakt von thermaler und kinetischer Energie vergingen. Bald schon rieselte der Letzte der fliegenden Spucker als ein feines Aschewölkchen zu Boden, und die schattenhafte Schar setzte ihren Weg fort, dem Hauptdomizil des Feindes entgegen. Dort würde ihre Hauptarbeit erst beginnen.
Und dann hörten sie das WORT.
Das WORT, das keinen Widerspruch erlaubte. Das ein scharfes Beil war, eine zerteilende Klinge. Das erbarmungslos in ihre Leiber hackte und ihr ureigenes Selbst mit einem Schlage von ihrer feststofflichen Hülle trennte.
Unsichtbar schwebten sie über dem, was sie kurz zuvor noch beherbergt hatte, und nach und nach sanken sie wieder in den Schlaf zurück. Der Dunkle Schlaf, den keine verwirrenden Bilder stören würden.
Sie waren die Daugarshim, die Hände die zerbrachen. Sie gaben keine Gnade und wollten auch keine für sich. Sie waren wie der Tod.
Und der Tod träumte nicht.
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Die klügsten und kreativsten Menschen werden von den phantasielosesten Vollpfosten niedergeschossen.

Geändert von Formorian (06.05.2014 um 12:17 Uhr)
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