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Alt 28.09.2013, 16:51
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Hobbyschreiber Hobbyschreiber ist offline
Drachentoeter
 
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Post Ork-Kurzgeschichte

Ich bin sehr glücklich, dass meine vor gut einem Jahr geschriebene Kurzgeschichte über den jungen Ork Töknurday in Kürze in einem Buch erscheinen wird. Der britische Xin-Verlag wird anlässlich seines ersten Auftretens auf dem BuCon eine Sonderausgabe mit 3 Geschichten aus der fantastischen Welt von Isrogant herausbringen. Zwei davon, u.a. meine, sind Neuerscheinungen. Für den Fall, dass jemand neugiereig ist, poste ich hier mal eine ganz kurze Leseprobe:
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Töknurday
Von Heike Korfhage

Als das dritte Taryr aus dem Gehölz hervor brach, wusste Töknurday endgültig, dass er versagt hatte, versagt darin, auf seiner ersten Alleinjagd eine geeignete Beute auszuwählen, zu stellen, zu erlegen und ins Lager zurück zu bringen.

Dabei hatte der junge Ork das einzeln herum streifende Taryr ursprünglich sogar für eine hervorragend geeignete Beute gehalten. Dieses große Raubtier mit seinem breiten Muskel bepackten Rücken würde Fleisch für die ganze Raude geben. Seine langen Fänge und sein dicker Pelz fettiger Haare waren prächtige erste Trophäen für einen jungen Jäger. Das Tier trieb sich allein in diesem sumpfigen Wald herum, war aber offenbar weder krank noch schwach. Es war somit nicht nur eine geeignete, sondern die ideale Beute für seine erste Alleinjagd. Damit konnte sogar der größte und tüchtigste Jungork der ganzen Raude seine bisherigen guten Leistungen noch übertreffen und Ehre einlegen. Gewagt, aber für einen guten Jäger zu bewältigen.

Töknurday war nicht leichtsinnig gewesen und hatte alles bedacht, was man ihn über die Raubtierjagd gelehrt hatte. Er war dem Tier eine ganze Weile gefolgt und hatte es beobachtet, um dessen Stärken und Schwächen herauszufinden. Er hatte erkannt, wohin das Tier unterwegs war, und einen Bogen geschlagen, um es dort am Teich zu erwarten, mit batai eingerieben, um seinen eigenen Geruch zu überdecken, und mit kaltem, ruhigem Blut, wie es sich für einen Jäger gehörte. Als das Taryr sich am Ufer zum Saufen nieder beugte, sprang Töknurday aus dem Geäst des reshnek-Baumes auf den Nacken seiner erwählten Beute und grub die Krallen seiner Hände und Füße tief in deren Fleisch. Dann beugte er sich hinunter und riss dem Tier mit seinen Fängen die Kehle auf. Schnell genug, damit es ihn nicht mit seinen Pranken abstreifen konnte, ließ er sich vom Taryr herunter fallen und rollte sich seitlich ab, um atemlos den Todeskampf seiner Beute zu beobachten. Als das Taryr aufhörte, zu zucken und den weichen Grund mit seinen Gliedern auf zu wühlen, lief Töknurday wieder zu ihm und versenkte zur Sicherheit sein Steinmesser in das Herz der Beute. Und dann stieß er zum ersten Mal in seinem Leben den Schrei des erfolgreichen Jägers aus, laut, triumphierend und selbstbewusst, das Blut seiner Beute im Gesicht und an den Händen. Es war eine gute Jagd gewesen! Stolz öffnete Töknurday den Kadaver, um das warme Herz heraus zu schneiden und zu essen.

Und von diesem Augenblick war alles irgendwie schief gelaufen. Er hätte wissen müssen, dass mindestens noch ein weiteres Tier in der Nähe war. Taryr zogen immer in Rudeln umher, immer, außer wenn sie Junge zur Welt brachten. Dann zogen sich die Weiblichen für einige Zeit zurück, um ungestört zu gebären. Verleitet durch den Blutgeruch verschlangen die Rudelmitglieder anderenfalles sowohl die Neugeborenen als auch ihre Mutter. Allein der Gefährte einer gebärenden Taryra blieb immer in deren Nähe um sie zu beschützen. Ein einzelnes männliches Taryr, das weder alt noch krank war, wies demnach auf die Anwesenheit eines gebärenden weiblichen Tieres hin.

Töknurday hätte das wissen müssen, aber er hatte nicht an die Lehren der Raudenälteren gedacht, sondern nur an die Ehre, mit einem Taryrfell auf den Schultern zur Raude zurück zu kehren. Diesen Ruhm würde er nun nicht mehr ernten können. Das zweite Tier stürmte voller Mordlust aus einem Gewirr von Dornensträuchern hervor, die scharfen Zähne wütend gebleckt. Gerade noch konnte der junge Ork sich im Röhrichtgürtel des Gewässers in eine vorübergehende Sicherheit bringen. Und während das weibliche Taryr auf der Suche nach ihm brüllend die armdicken atarkan-Stengel zerfetzte und nieder trampelte, hackte der junge Ork eines der harten Rohre ab und schnitt es schräg an, um sich einen einfachen Spieß herzustellen. Immer noch unter dem Schutz des batai-Geruchs näherte er sich dann der Taryra, leise, aber schnell und entschlossen. Oh, noi, warum war er nur nicht so gescheit gewesen, sich zu verstecken bis das tobende Weibliche die Suche aufgab und zu seinen Jungen zurückkehrte? Statt dessen griff er es an. Mit seinem Messer zwischen den Zähnen stürmte er die letzten Schritte auf es zu, den atarkan-Spieß fest in seinen Händen. Bei dem Lärm, welchen es selber verursachte, bemerkte es ihn zu spät. Und als sich die Taryra dann zu ihm herum warf, spießte sie sich praktisch selber auf. Töknurday wurde das Rohr aus den Händen gerissen und er zur Seite geschleudert. Der zersplitternde Spieß riss ihm den linken Arm auf, was er aber zunächst kaum bemerkte, weil ihn der Todeskampf des Tieres in seinen Bann zog. Noi, war die Taryra zäh und stark! Sie brauchte lange zum Sterben. Aber schließlich blieb sie liegen und Töknurday richtete sich auf und starrte den großen Kadaver ungläubig an. Zwei Taryr an einem Tag erlegt, eines davon nur mit Zähnen und Klauen, wie es die Regeln verlangten! Wer konnte so etwas von sich behaupten? Er fühlte sich wie einer der legendären ersten Jäger seiner Rasse.

Für einen erneuten Schrei fehlte ihm jedoch die Kraft. Aus dem Riss im Arm quoll das Blut in beunruhigend stetigem Strom hervor. Er musste sich dringend darum kümmern. Immer noch besonnen schnitt er eine Strähne der drahtigen Haare von der Schulter seiner Beute. Für feine Arbeiten waren seine krallenbewehrten Orkfinger nicht besonders geeignet, aber es gelang ihm, die Haare zu einem groben Strang zu flechten mit dem er die Schlagader seines Armes abbinden konnte. Mit der rechten Hand und den Zähnen zog er den Knoten fest. Das Bluten ließ fast sofort nach und er grunzte zufrieden. Dann begann er, die Haut der Taryra abzulösen, um sie als Beweis seiner Tat ins Lager mitzunehmen und zu Füßen der Älteren auszubreiten.

Und nun war also dieses dritte Taryr aufgetaucht und Töknurday wusste, dass er praktisch erledigt war. Um zu flüchten und sich einen neuen Spieß zu schneiden, war es zu spät. Und gegen ein angreifendes Taryr war ein Messer keine geeignete Waffe. Trotzdem nahm der junge Ork es fest in die Hand, um seine eigenen Haut so teuer wie möglich zu verkaufen. Er würde nicht kampflos sterben.
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Tja, Ihr könnt Euch denken, dass die Geschichte damit noch nicht zu Ende ist. Der junge Mann lernt in den nächsten Tagen noch so manches, von dem er niemals gedacht hatte, sich damit befassen zu müssen.

Ich bin schon total gespannt, darauf, wie die Geschichte ankommt, denn es ist das erste Mal, dass ich aus der Sicht eines nichtmenschlichen Wesens geschrieben habe. Ich habe versucht, den Gedankengängen eine entsprechende Weltanschauung zugrunde zu legen. Mal schauen, ob es mir gelungen ist!

Geändert von Hobbyschreiber (18.10.2013 um 09:57 Uhr)
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