Thema: reimen
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Alt 11.11.2012, 08:49
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Bardin Bardin ist offline
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Und ich wollte nur ein kurzes Gedicht schreiben...


Rosen standen am Wegesrand,
wo einst ein einsamer Reiter sie fand,
und einige rote Blüten brach,
dabei leise zu sich sprach:
"So dornig der Zweig,
die Farbe wie Blut
mein Herz, so schweig,
mein Herz, fasse Mut,
ein Wort sollte reichen,
ihr Herz zu erweichen;
Liebe ist schmerzhaft, Liebe ist schwer,
doch wär' ohne Liebe das Leben leer."

Und wandte sich, und ging von dannen,
aus seinen Augen Tränen rannen.
Sein kurzer Mut begann zu schwinden:
Könnte sie jemals Liebe empfinden?
Sie war von kühler Schönheit, wie Eis,
ihr Haar ein helles Blond, fast weiß,
wie Eis, wurd‘ ihre Schönheit nicht alt,
wie Eis, so war ihr Herz ganz kalt.
Kein Leid der Welt konnte sie rühren,
keine Liebe konnt’ sie spüren,
und wer ihr jemals seine Liebe gestand
dem nahm sie das Leben mit eigener Hand.
Wer sie erblickte war von Sinnen
und konnte ihr niemals entrinnen.
Hexe – so sprach man ihm ganzen Land,
als so mancher Verliebter spurlos verschwand.

Dies war dem Reiter wohlbekannt,
und doch er keinen Ausweg fand,
dachte an Rosen in der Farbe von Blut,
und ritt, versunken, blass, ganz ohne Mut,
versunken, dass er niemals sah
das Mädchen, das am Wegrand war,
gekleidet in Lumpen, doch schön auch sie
- lebendige Schönheit, erwärmend wie
die Sonne an einem Frühlingsmorgen,
wie Blumen im letzten Schnee verborgen,
wie Rosen, die am Wegrand sind…
doch musste dieses arme Kind
jedem Mann bedienlich sein,
sie war im Leben ganz allein,
Sie hatte erst vor einem Tag,
der schon in weiter Ferne lag,
gegraben ihrer Eltern Grab.
Nun sanken heimlich, wie Almosen,
die Blütenblätter der roten Rosen
vor ihr auf den Weg herab.
Sie fing sie auf mit sanfter Hand,
und ganz kurz ihre Trauer schwand,
und voller Sehnsucht glitt ihr Blick
zum Reiter, der mit schwerem Schritt
dem fernen Schloss entgegen ritt…
er kehrte niemals mehr zurück.

Rosen standen am Wegesrand,
wo einst ein einsamer Reiter sie fand,
der sie seiner Liebsten gab –
die Liebste brachte ihn ins Grab.
Vergessen die Rosen,vergessen der Reiter,
nur im Herzen des Mädchens blühten sie weiter.

Gezeiten
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Allein die Existenz von irgendetwas ist das größte Wunder; die Materie, die sich selber formt, das größte Geschenk; die Materie aber, die auf sich selbst herabblickt und denkt, das größte Paradoxon.

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Geändert von Bardin (11.11.2012 um 08:51 Uhr)
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