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Alt 30.09.2012, 17:37
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Darnamur Darnamur ist offline
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Drachentoeter
 
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Doro stieg zum Fuß der Treppe herab und räusperte sich: "Hallo!"
Die Männer und Frauen, die sich auf dem Fliesenboden zusammengekauert hatten und sich in ihre Decken hüllten, zuckten zusammen und drehten ihre Köpfe in seine Richtung. Einige wirkten verängstigt, andere misstrauisch oder neugierig. Einzig das Baby gluckste weiterhin fröhlich vor sich hin.
"Wer bist du?" fragte der ältere der beiden Männer. Eine Hakennase mit schneeweißem Haar und braun gebrannter Haut.
Der andere Mann, welcher vorhin noch heftig mit der runzeligen Greisin debattiert hatte, war jünger. Sein Haar war kurz und sein Mund lückenhaft. Sein übriger Körper schien aber exzellent in Takt zu sein. Eine der beiden jungen Frauen klammerte sich an ihn.
"Ich bin Doro", erklärte er. "Ein Priester, der dem Ruf seiner Götter folgt!" "Aha", sagte der weißhaarige Mann mit zusammengekniffenen Augen und ließ seine Hand weiterhin auf dem Griff seines Schwertes ruhen.
"Er ist keine Bedrohung, Goradt!", erklärte die alte Frau mit fester Stimme. Erstaunlicherweise zog der Mann daraufhin die Hand zurück und murmelte etwas, das sich wie "vergebt mir" anhörte. Der jüngere Mann schnaubte. Das jugendliche Mädchen rutschte etwas zur Seite und lächelte freundlich: "Setzt euch doch zu uns, Vater!" Doro nickte und lächelte ebenfalls, auch wenn ihn das Wort "Vater" irritierte. Er hatte seine Arbeit nie in einem Tempel zugebracht. Er setzte sich neben die Jugendliche. Vielleicht würde er ja auch etwas Neues von den Leuten erfahren. "Sagt mir", fragte der junge Mann, der zu seiner Rechten saß. "Welcher Auftrag führt einen Priester hierher, in das Königreich des Schakals? Und wie habt ihr es geschafft, den Wachposten und Patroullien zu entgehen?"
"Nun", sagte Doro und versuchte seine Worte weise zu wählen. "Die Götter haben mich mit Glück und der Gabe eine Waffe zu führen gesegnet! Was meinen Auftrag angeht, so handelt es sich um die Befreiung eines Mannes aus der Gefangenschaft der Skrigg!"
"Das könnt ihr vergessen!", knurrte Goradt. "Ihr glaubt wohl, das ihr es schaffen könnt, da ihr euch schon gegen die Außenposten der Schakale behauptet habe, aber dem ist nicht so. Dort drinnen sind hunderte, tausende dieser Viecher! Ihr ganzes Volk hat sich dort versammelt!"
"Was die Mission angeht, lass mal meine Sorge sein", erklärte Doro. "Aber was ist mit euch? Habt ihr noch genügend Vorräte zu überleben?"
Die Greisin zuckte mit den Achseln: "Wir haben noch Fleisch für zwei Tage! Dann müssen Goradt, Nathon und Tira Neues besorgen. Aber das ist sehr gefährlich. Erst letzte Woche ist Mulett von uns gegangen und in der davor Nigra und der blaue Priester!" "Der ist aber einfach nachts abgehauen", sagte die Jugendliche. "Vielleicht lebt er ja noch!"
"Auf jeden Fall hat er uns im Stich gelassen, Kind!", sagte Goradt in Lehrermanier und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Sie seufzte und rollte mit den Augen.
"Wie auch immer", sagte Doro. "Ich wollte euch nur mitteilen, das ich euch die von mir erschlagenen Skrigg gerne zur Verfügung stelle!" Er beschrieb den Ort, an dem die Toten lagen.
"Das ist sehr nett von dir", sagte die alte Frau. "Aber so weit werden wir es niemals schaffen! Höchstens mit deiner Hilfe..."
Goradt dagegen pfiff leise: "Fünf. Fünf Skrigg. Wer hätte gedacht, das ein Priester soviel austeilen kann. Und das- mit einem Spaten!"
Nathon schien das zu belustigen: "Ab heute kannst du dich feierlich des Namens Doro Schakaltod rühmen!"
Doro wandte sich der Frau zu: "Ich würde euch gerne helfen, aber..."
"Ich weiß", sagte sie. "Deine Mission..."
Doro nickte.
Wie sich herausstellte war die Greisin eine Wahrsagerin mit dem Namen Aliane Sternenauge. Doro zweifelte aber daran, das sie wirklich so hieß. Und ihre Sternenaugen, waren von einem hellem Braun, aber nicht ungewöhnlich.
Die Jugendliche hieß Mira und war die Tochter des Wirts gewesen, dem diese heruntergekommene Schenke gehört hatte. Daile war Nathons Angebetete, die ihm zuerst gegenüber sehr schüchtern war, doch im Laufe der Gespräche wurde sie offener. Die dritte Frau im Bund war Ira, die etwas abseits von den anderen saß und ebenfalls sehr schweigsam war. Allerdings nicht weil sie schüchtern war. In ihren braunen Augen brannte ein zorniger Funke, der sich leicht in ein flammendes Inferno verwandeln konnte. Nach dem Essen begann sie ihre beiden Langmesser zu wetzen. Das Baby war das Kind von ebenjenem Mulett, der von den Skrigg erschlagen worden war und hieß Samurel. Mira und Daile kümmerten sich um ihn. Die Leute boten Doro auch von ihrem Essen an, doch er lehnte höflich ab. Ihn war immer noch schlecht vom Kämpfen. Daile, die sich ein wenig mit der Versorgung von Wunden auskannte reinigte seine Hüftwunde und die an seinem Ohr und verband diese. Dann kam der Moment des Abschieds. Doro versprach der illustren Truppe sie auf dem Rückweg in die Freiheit zu führen. Nathon lachte darüber nur.
Dann öffnete Doro die versteckte Tür ins Unterreich der Skrigg. Selbst Mira, die hier gelebt hatte, hatte davon nichts gewusst und war geschockt. "Wenn ich nicht zurück bin, wenn ihr euer Proviant aufgebracht hat, könnt ihr euch auf eigene Faust im Untergrund in die Oberstadt aufmachen!" Doch als er ihnen mehr davon erzählte, grunzte Nathon: "Wenn wir uns ohne Führer dort hinunter wagen, kommen wir alle um!" Sie sahen Doro hoffnungsvoll an, doch er schüttelte den Kopf. Goradt lachte und brummte: "Schlag so viele ihrer Schädel ab, wie du kannst Doro Schakaltod!" Doch er wusste, das er in Wirklichkeit doch enttäuscht war. "Auf Doro Schakaltod!", sagte Nathon und hob seinen Krug. Goradt, Daile und Mira stimmten mit ein. "Ich sehe, das wir uns wiedersehen werden!", prophezeite Aliane Sternenauge.
Ja, dachte Doro. Als Leichname! Er wollte gerade in das Loch hinabsteigen, als er von einer Hand zurück gehalten wurde. Er drehte sich um. Es war Ira. Ihr Gesicht war unter der Kapuze halb verborgen, doch die Augen der Frau glühten, wie dunkle Diamanten: "Ich komme mit! Ich helfe dir und wenn ich dabei mein Leben lasse!" Das will sie, begriff Doro. Sie will sterben und das kämpfend. "Nein! Du bleibst hier! Diese Angelegenheit geht nur mich etwas an! Du würdest mich nur behindern!" Er wusste, das es unfair war, aber eine solche Frau wollte er nicht an seiner Seite wissen. Ich will das ihr alle überlebt!
Iras Blick wurde noch finsterer. "Wie du willst", zischte sie und verschwand. Doro atmete tief ein und aus und stieg hinab in die Finsternis, die sein Element war.
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- Einmal Knochenmesser, immer Knochenmesser -
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