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Alt 13.08.2011, 20:07
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Arya Arya ist offline
Inspirator aller Magier
 
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Ich kann warten.

Hallo alle miteinander,

ich war seit langem auch mal wieder tätig und habe es gewagt eine Kurzgeschichte zu schreiben. Da ich selbst nicht in der Lage bin mich richtig einzuschätzen, und meine Schwächen oftmals nicht ausfindig machen kann, dachte ich mir, ich stelle "mein Werk" mal hier in das Forum, und hoffe auf Rückmeldung und Kritik.
Die Geschichte hat nichts mit Fantasy zu tun, aber ich denke nicht, das mich hier jemand köpfen würde ;)
Wie heißt es so schön? :"Ein bisschen Abwechslung tut auch mal gut"

Danke schonmal im Vorraus an alle, die sich die Zeit nehmen meine Geschichte zu lesen!


Ich kann warten

Alles war schwarz. Ich sah nichts, spürte nichts, ich hörte nur. Eine leise Melodie durchströmte meine Seele, so leise, wie das rauschen des Meeres. Sie war beruhigend, schaffte Geborgenheit. Ich fühlte mich sicher, ich fühlte mich wohl. Ein schöneres Gefühl hatte ich noch nie zuvor. Die Melodie wurde lauter, und mit jedem Ton fühlte ich mich mehr und mehr zu ihr hingezogen. Sie war verlockend, machte neugierig.
Eine weitere Melodie lenkte mich von der Verlockung ab. Es war nicht wirklich eine Melodie, sondern eher Lärm. Abschreckend, unangenehm, so nahm ich ihn wahr. Ich hörte Stimmen, leise und undeutlich, hörte Schritte und Klirren, nerven auftreibend. Ich fühlte mich leer, nicht vorhanden, als würden allein meine Gedanken in einem schwarzen Raum umher kreisen, verfolgt von den Geräuschen und Melodien, die sie umgaben. Je mehr ich mich auf den unangenehmen Lärm konzentrierte, desto deutlicher und lauter wurden die Stimmen. Ich fing an zu sehen, Schatten, schemenhafte Figuren, Menschen, die um etwas herum standen.
Ich begann zu spüren, meinen eigenen Körper, und dennoch merkte ich, dass ich nicht bei ihm war, ihn nicht kontrollieren konnte, ich nahm ihn nur wahr. Angst überkam mich. Diese Unwissenheit trieb mich in den Wahnsinn, doch gleichzeitig spürte ich eine Ruhe in mir. Wärme, die sich immer weiter ausbreitete, die meine Seele umgab. Die liebliche Melodie erklang, und all der Lärm war wie verschwunden. Ich nahm ihn wahr, jedoch nur als leises Rauschen, das dir Melodie noch schöner machte, noch weicher, sanfter, wie die Flügelschläge eines Adlers. Elegant, mächtig, ruhig und überwältigend. Die Melodie wurde lauter, erfüllte mich mit Ruhe, Geborgenheit und Neugierde. Was war das für eine Melodie,die mich so mitriss? Woher kam sie?
Und während dieser Gedanken wurde die Melodie wieder leiser, und das Rauschen wurde ein weiteres Mal zu einem unerträglichen Lärm. Wieder spürte ich meinen Körper, hörte Stimmen und merkte, wie jemand etwas aus meinem Körper zog, spürte, wie Blut aus Wunden schoss und langsam über meine Haut floss. Noch einmal merkte ich, wie jemand etwas in mein Fleisch bohrte, und kurz darauf einen Gegenstand aus meinem Körper zog. Es war beängstigend, doch ich spürte keinen Schmerz, sah nur, wie Menschen um mich herum standen, und mich behandelten. Der Lärm wurde lauter, die Stimmen deutlicher und meine Angst wuchs. Ich sah, wie Unmengen an Blut aus unzähligen Wunden schoss, doch ich spürte keine Übelkeit, nur Angst und entsetzen. Diese Menschen waren Ärzte, die verzweifelt versuchten mein Leben zu retten.
Ein Unfall. Das war das nächste woran ich dachte. Eine Autobahn, ein Lastwagen der die Kontrolle verlor. Eine Person die entsetzt das Lenkrad ihres Autos umriss und in einen Graben fuhr. Das Auto überschlug sich, Scheiben zersplitterten. Ein grauenhaftes Geräusch das in den Ohren dröhnte, während sich die Splitter in das Fleisch der Person bohrten. Diese, war ich.
Die Angst wuchs mit jeder Erinnerung, die zu mir zurück geflogen kam. War ich Tod? Was war das für eine Melodie?
Und kaum dachte ich an sie, wurde der entsetzliche Lärm leiser, und es erklang die Melodie. Die wohlige Wärme tauchte auf, die Geborgenheit. Die Angst verschwand, ich fühlte mich sicher, mein Kopf war leer, ich war im nichts. Die Melodie umgab mich wie das Wasser des Meeres, wie die Sonne im Sommer, wie der Wind im Herbst. Sie lud mich ein, zu ihr zu kommen, sie wurde lauter. Ich lauschte ihr gebannt. Die sanften Töne fesselnden mich, die weichen Klänge verführten mich und rissen mich mit. War das der Tod? Hätte mich diese Melodie in das Reich der Toten gerissen? In deine wundervolle Welt, eine, von der ich Jahre lang geträumt hatte?
Die Melodie wurde leiser, als ich mich auf meine Gedanken konzentrierte, verklang in dem aufsteigenden Lärm, der, der mir unheimliche Angst einjagte. Je mehr ich nachdachte, desto klarer wurde mir alles.
Ich würde sterben, wenn ich mich von der wohltuenden Melodie mitreißen lasse, und würde leben, wenn ich den Lärm ertrage, mich auf ihn konzentrierte. Ich war einerseits hingerissen, von der wunderschönen Melodie, der Sicherheit, der Geborgenheit, doch andererseits hatte auch der Lärm etwas verlockendes. Er versprach Spannung, Zuneigung, Abenteuer, zeigte Höhen und Tiefen. Doch dieser Lärm war nichts im Vergleich zu dem lieblichen Klang der Melodie. Nichts. Ich wollte die Welt sehen, in die ich hineingezogen werden würde, wollte für immer diese Geborgenheit spüren, das Gefühl haben sicher aufgehoben zu sein, diese Zufriedenheit, ohne Sorgen. Ich wollte frei sein, wie ein Adler, wollte keinen Schmerz mehr spüren, keine Angst.
Doch wieso jetzt schon? Wieso sterben wenn man die Möglichkeit hat zu leben? Der Tod läuft nicht weg, er wartet, hat Geduld. Und so entschied ich mich für das Leben, denn auch ich wollte warten, mein Leben genießen, Höhen und Tiefen durchstehen, Schmerzen ertragen, um schönes zu erleben,bis mich der Tod letztendlich mit offenen Armen begrüßen würde, und ich das Gefühl habe, in meinem Leben alles erreicht zu haben, was es zu erreichen gab. Ich wollte Geduld haben. Ich kann warten.
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