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Alt 26.02.2011, 13:31
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Dark Umbra Dark Umbra ist offline
Drachenherz
Erforscher der Welten
 
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Als Ciri nach Licht verlangte, wurde es hinter Alor hell. Er schaute kurz über die Schulter und sah, dass der andere Magier eine leuchtende Kugel in der Hand hielt.
Jahrmarktstricks, dachte er leicht abfällig.
Er bevorzugte Magie. Sie war in den letzten Jahren mehr als nur ein nützliches Werkzeug für ihn geworden. Inzwischen sah er die Magie nicht mehr das Spielzeug von Omegas Hexern – insbesondere als das von Zadek.
Die Magie hatte alles verändert. Sie hatte ihn verändert. Sie war ein Teil von ihm geworden, ohne das er sich inzwischen nicht mehr vorstellen konnte, zu leben. Sie war der Grund dafür, dass er alles, was er ertragen hatte müssen, nun nicht mehr einen so großen Platz in seiner Gedankenwelt einnahm.
Und das Einzige, was ihn an sein altes, noch unbeschwertes Leben in Rèsgon erinnert hatte, war nun in Lutiens Besitz. Das lag nun hinter ihm.
Nein, das stimmte nicht. Wenn immer Alor die Augen schloss, sah er die Eine vor sich, die Erinnerungen an sie, mit denen er sich die dunkelsten Stunden des Schmerzes, den Zadek ihm zugefügt hatte, erhellt hatte. Niam.
So hatte er es geschafft, alles zu ertragen.
Nun, hier in dem Tunnel, war sie wieder da, die Dunkelheit. Sie fraß sich durch jede einzelne Zelle seines Körpers und drohte, Alors Seele wieder mit tiefem Hass und mit noch viel tieferer Trauer zu erfüllen.
Was tat er hier eigentlich? Warum kehrte er zu dem Ort zurück, an dem er so viel Leid erfahren hatte?
Im Moment war die Tatsache, dass ihr Vorhaben sowieso ein Himmelfahrtskommando war, nicht die Ursache, warum Alor zweifelte. Er fragte sich, ob er es ertragen würde, Zadeks abscheuliches Grinsen noch einmal sehen zu müssen. War es nicht dieses Grinsen gewesen, das er mehr als alles andere auf dieser Welt gefürchtet hatte? Eine Zeitlang war diese Angst sogar größer gewesen, als die Angst um Niam.
Niam. Würde er sie je wiedersehen? Vielleicht, wenn der Krieg vorbei war – irgendwann. Wenn er dies hier überlebte. Und wenn er es schaffte, nach Candras zu gelangen. Wenn er es schaffte, in den Palast zu kommen. Und selbst dann würden ihre Tränen das Letzte sein, was er je zu Gesicht bekam, da Aro, sein eigener Bruder, ihn mithilfe seiner Wachen überwältigen und ihn eigenhändig vor ihren Augen aufspießen würde.
Weil sie beide, Alor und Niam, ihn verraten hatten.
Warum quälte er sich so? Alor wusste selbst, dass er nach Candras reiten würde, sobald sich die Gelegenheit dazu ergab. Er war zu selbstsüchtig, um dies nicht zu tun. Er wollte bei ihr sein, auch wenn es ihm das Leben kostete. Er fürchtete zwar den Tod, doch dass er Niam nie wieder zu Gesicht bekam, fürchtete er noch mehr.
Und wenn sich Aro ihm in den Weg stellte, würde einer von ihnen sterben. Und selbst, wenn es Alor war, der den Kampf nicht überlebte, so würde Niam zumindest wissen, dass er sie nicht vergessen hatte.
Doch dann sie würde so viel mehr leiden, als er. Konnte er ihr das antun?
Vielleicht musste er sich einfach zwingen, nicht nach Rèsgon zurückzukehren. Er wollte nicht Schuld daran haben, dass Niam den Rest ihres Lebens mit dem Mann verbringen musste, der ihren Geliebten getötet hatte.
Alor schluckte den schweren Stein herunter, der sich auf seine Kehle gelegt hatte und versuchte, normal zu klingen, als er auf die gestellte Frage antwortete. Es gelang ihm nicht, zumindest nicht wirklich, doch er hoffte, dass die Dunkelheit des Tunnels den Schwermut in seiner Stimme schluckte, so wie sie es mit seiner Hoffnung tat.
„Ich nehme einmal an, der Gang führt an eine geschützte Stelle. Ich glaube allerdings nicht, dass er bis zum Fuße des Gebirges reicht. Vielleicht endet er in einer anderen Siedlung in der Nähe oder in einem Waldstück – wenn sich so etwas in dieser Ödnis überhaupt finden lässt. Allzu weit dürfte es nicht mehr sein.“
Das Licht der Leuchtkugel drang nicht bis zu Alors Füßen vor, also ließ er die kleine Flamme, sie immer noch in seiner Hand flackerte, aufleuchten, sodass auch er sah, wo er hintrat.
Vielleicht liegt die Einzige Lösung darin, Omega zu besiegen. Wenn Morghaard fällt, fällt auch Rèsgon. Das Schicksal muss mich hassen! Was habe ich nur getan, dass ich all das verdiene?
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