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Alt 03.02.2011, 19:19
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Asrharn Asrharn ist offline
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Bewahrer der Traenen des Lebens
 
Registriert seit: 01.2011
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Boaahhh! Gnade, Leute, ich flipp gleich aus!
Ich danke Euch allen für Euer freundliches Interesse und all die Tipps und Hilfen.
Eigendlich hatte ich mehr mit einer saftigen Ladung toter Ratten gerechnet...
Ihr wollt mehr? Könnt Ihr haben:


Es kitzelte.
Langsam, ganz allmählich, wurde sich Celzon bewusst, dass da etwas in seinem Gesicht ihn aufs Scheußlichste kitzelte. Brummend brachte er einen Arm hervor und machte mit der Hand eine wedelnde Bewegung. Es kitzelte immer noch. Noch etwas lauter brummend klatschte er die Hand an die Wange. Das Kitzeln blieb. Langsam ärgerlich werdend führte Celzon Daumen und Zeigefinger an die bewusste Stelle und erfühlte...
Gras...
Natürlich wußte Celzon, was Gras war; er hatte es oft genug auf den Knien Halm für Halm ausrupfen dürfen, wenn es in der warmen Zeit hier und da seinen Weg durch den weißen Sand des Hofes fand. Abgesehen von dem blauen Himmel über ihnen war Rot die einzige lebendige Farbe, die in Ankhormas Welt geduldet wurde. Gras war ein Eindringling, von den bösen Mächten der Erde geschickt, um die frommen Brüder in ihrer Hingabe zu dem Gott abzulenken. Etwas Böses, ein Feind. Und doch erfühlten seine umhertastenden Handflächen überall um sich herum...
Das war überhaupt nicht möglich! Ausgeschlossen! Ein böser Traum!
Mit einem Ruck kam er auf die bloßen Füße und versuchte, in der Dunkelheit der Nacht irgend etwas um sich herum zu erkennen. Das Land - keine Mauer! - schien sich in der blauschwarzen Finsternis um ihn herum endlos nach allen Seiten auszustrecken, seltsam buckelig hier und dort...Niemand hatte ihm je erzählt, was ein Hügel war. Wolken wie aus zerrupfter, schwarzer Watte hingen am Himmel, und an manchen Stellen lugten Sterne durch Löcher in der Decke.
Zögerlich tat er einen Schritt und musste sich auf die Lippen beißen, um nicht laut vor Schrecken schreien zu müssen, als er das gefährliche üppige Gras unter den Sohlen spürte . Lieber wäre er über einen Teppich aus abgesplitterten Flaschenböden gelaufen. Das Bein zitterte, als er den zweiten Schritt machte. "Ich bin verdammt," dachte er voller Verzweiflung. "Dies ist Ankhormas Lohn für all meine Schmähungen, die ich ihm angetan habe. Verdammt, auf ewig über das Nachtland unter der Erde wandeln zu müssen..." Doch unzweifelhaft leuchteten Sterne über ihm.
Er machte den dritten Schritt, und noch einen, einen weiteren. Erstaunt stellte er fest, dass dieses Böse, durch das er zu waten gezwungen war, sich im Grunde nicht unangenehm anfühlte. Kühl war es, etwas feucht, doch noch immer hatte es nicht versucht, mit seinen scharfen grünen Klingen seine Sohlen bis auf die Knochen zu zerfetzen. Seine Zuversicht wuchs ein wenig.
Dann hörte er das Brüllen zum ersten Mal.
Wie ein glühender Draht schoß ihm der Schrecken vom Scheitel aus durch den ganzen Leib. Dieser Laut war...er war...nein, er wusste nicht, was es in Ankhormas Namen für ein Wesen sein mochte, das ein solches Gebrüll von sich gab. Wie Donner in einem sommerlichen Hitzegewitter war es, und wie das Sausen eines Schleifsteins, und wie ein kräftiger Wind, der durch die Fenster pfiff und die Schindeln des Daches zum Klappern brachte, und wie...er wusste es nicht zu benennen.
Das Brüllen schwoll an, bewegte sich an ihm, der auf alle Viere in das Gras gesunken war, vorüber und verebbte allmählich.
Als Celzons Denken wieder einsetzte, gewahrte er nicht wenig erstaunt, dass er noch am Leben war. Am ganzen Leib zitternd richtete er sich wieder auf und lauschte angestrengt in die Nacht. Nein, was immer es auch gewesen sein mochte, nun war es fort. Er hatte Glück gehabt, doch wie lange konnte man Glück halten? Er brauchte Schutz; hier im offenen Gelände würde das Ungetüm ihn früher oder später erwischen, dessen wurde er sich sofort bewusst. Diese Buckel dort, vielleicht boten sie irgend ein Versteck...
Rasch setzte er sich in Bewegung. Das Gras unter ihm hatte seinen Schrecken für ihn verloren, denn nun war die Bedrohung, welche er die ganze Zeit über gefühlt hatte, endlich greifbar. Ihm wurde bewusst, wie sehr er die Mauern seiner gewohnten Welt vermisste. Er beschleunigte seinen Schritt, und schließlich rannte er, fiel, schmeckte Dreck in seinem Mund, rappelte sich auf und rannte weiter.
Die Buckel! Zu den Buckeln!
Und im nächsten Moment schrammten seine Füße über etwas Raues.
Vor Überraschung geriet Celzon ins Stolpern und krachte wild mit den Armen rudernd längs auf den steinharten Grund. Der Aufprall trieb ihm die Luft aus dem Leib, und würgend und keuchend blieb er verkrümmt liegen.
Und dann kehrte das Brüllen zurück.
Endlich gelang es ihm, ein wenig Luft einzusaugen, und mit einem Wimmern verließ sie ihn wieder. Es wurde plötzlich hell um ihn herum, und mit einem Blick gewahrte er, dass er mitten auf einem schmalen dunklen Band lag, das die Landschaft wie der Schnitt eines gewaltigen Messers durchteilte und sich in der Dunkelheit irgendwo im Endlosen verlor. Er musste an die Schnecke denken, die er einmal irgendwann beobachtet hatte. Eine breite Spur hatte sie hinterlassen. War dies die Spur des brüllenden Untiers? Lag er auf seinen Exkrementen?
Und nun konnte er auch in schemenhaften Umrissen ausmachen, was sich da brüllend auf ihn zubewegte. Groß war es, grösser als ein Schrank, und schnell. Oh, so schnell! Doch seine Augen...
Sie glühen! durchschoss es ihn. Seine Augen glühen!
Instinktiv beschloss Celzon, sich nicht von der Stelle zu rühren; er hätte es ohnehin nicht zuwege gebracht, sich aufzurichten. Wie die Maus, die vor der Schlange erstarrt und vorgibt, ein nach Maus riechender Stein zu sein, so würde er das Untier erwarten. Hatte es ihn nicht schon einmal verfehlt?
Näher kam es, und plötzlich brüllte es nicht mehr. Nein, es SCHRIE JETZT!
Ohrenzerschmetternder als alle Posaunen Ankhormas zugleich drang es auf ihn ein, brachte seine inneren Ohren zum Erzittern und füllte ihm den Kopf mit Sägemehl aus. Celzon schloss die Augen und hoffte auf nichts weiteres mehr als ein schnelles Ende.
Dann kam ein Sog; urplötzlich, ohne die gerigste Ankündigung, und ihn von einem Augenblick zum anderen komplett erfassend. Es fühlte sich nicht so an, als wie in Treibsand zu versinken; so wie er es sich in seiner Phantasie vorgestellt hatte, wie es wohl wäre - diese Phantasie hatte er in der letzten Zeit auffallend oft. Eher wie ein Ziehen, das seinen Leib streckte, als würde er in die Länge gezogen und durch eine schmale Öffnung gepresst. Einmal hatte ihm Bruder Parno den Trick gezeigt, mit dem man ein gekochtes Ei durch einen Flaschenhals saugte. Ganz so muss sich das Ei gefühlt haben! durchschoss ihn irrsinnigerweise noch der Gedanke, und im nächsten Augenblick plumpste er auf seine Flaschenboden-Pritsche und atmete noch lange keuchend die tintenhafte Schwärze der Nacht...
Ich muss es dem gnädigen Vater erzählen! war sein erster bewusster Gedanke. Er wird mir sagen können, was geschehen ist. Er weiß so vieles! Er kann...Unsichtbar in der Finsternis, erschien eine steile Falte zwischen seinen Augenbrauen. Schnaubend stieß er nach einem langen Atemzug die Luft aus.
Nein, er würde niemandem irgendetwas erzählen. Gar keinem!

Geändert von Asrharn (03.02.2011 um 20:32 Uhr)
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