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Alt 14.11.2005, 18:39
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Fenni Fenni ist offline
Borussin
Inspirator aller Magier
 
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So, aber den Anfang von Kapitel vier schieb ich gleich hinterher

Kapitel 4!
„Was machst du da?“
Soe zuckte zusammen, als sie die Stimme hinter sich hörte. Sie zog das widerspenstige Kraut mit einem Ruck aus der Erde und drehte sich um.
Janosch stand im Türrahmen und betrachtete sie interessiert aus seinen dunklen Augen.
„Was tust du hier?“ wollte Soe wissen, ohne auf seine Frage einzugehen. „Warum bist du nicht mit deinen Geschwistern draußen und spielst mit ihnen?“
„Es macht mir keinen Spaß. Die anderen Kinder lachen mich immer aus,“ antwortete Janosch und verzog dabei in keinster Weise das Gesicht, es hörte sich ganz so an, als ob er über das Wetter oder über irgend etwas anderes Alltägliches redete. „Sie sagen immer, die Geister würden mich nicht mögen, sie hätten mir die Haare und die Augen angemalt und weil die Geister mich nicht mögen, mögen sie mich auch nicht und wollen nicht mit mir spielen.“
„Ach, Schatz...“ fing Soe an und ging auf einen Schritt zu, aber dann blieb sie stehen, als wäre sie gegen eine unsichtbare Mauer geprallt. Sie war sich sicher gewesen, dass Janosch sehr unglücklich über diese Umstände gewesen wäre, genau wie Collin, der sich lieber mit den älteren Jungen des Dorfes abgab und einige Zeit gebraucht hatte, um sich in ihrer Gruppe einzugliedern, aber dann blickte sie in sein ernstes Gesicht, das keinerlei Anzeichen von irgendwelcher Trauer zeigte. „Woher hat er bloß die Ernsthaftigkeit, die ihn soviel älter macht als seine sieben Jahre?“ schoss es ihr durch den Kopf. „Andras ist nicht so, ich bin es auch nicht...“ Sie dachte den Gedanken nicht zu Ende, denn ihr fiel ein, dass Janosch ja gar nicht ihr leibliches Kind war. Das Wesen, das er ihr zeigte, war seinem Vater oder seiner Mutter oder vielleicht beiden zueigen gewesen.
Trotzdem setzte sie ihren Satz, den sie begonnen hatte, um ihm Trost zuzusprechen, den er anscheinend gar nicht brauchte, fort. Sie hatte fünf Kindern so oft Mut und Trost zugesprochen, dass sie es einfach verinnerlicht hatte und es einfach impulsiv tat. „...sie meinen es sicher nicht so. Du musst ihnen einfach zeigen, dass du genau wie sie bist, dann werden sie aufhören, solche gemeinen Dinge zu sagen.“
Doch Janosch zuckte mit den Schultern. „Es ist mir gleich, was sie denken. Sollen sie doch meinen, die Geister würden mich nicht mögen. Ich weiß ja, dass sie es tun und das reicht mir.“ Er wandte sich wieder der Absicht zu, wegen der er in den Küchengarten gekommen war und wies auf das Kraut, dass Soe in der Hand hielt. „Was ist das?“ wollte er wissen.
Soe blickte auf die kleine Pflanze in ihrer Hand. Sie hatte sie ganz vergessen. „Ach das? Das ist ein Adonkraut.“
Janosch kam einen Schritt näher, er hatte die Stirn in Falten gelegt, wie immer, wenn er konzentriert war. „Wofür ist es gut? Essen wir es?“
Soe lachte. „Nein, sie schmeckt nicht sehr gut. Sie ist für eine Salbe gegen Bienenstiche. Meine Dose ist leer, ich muss neue machen.“
Janosch kam noch einen Schritt näher. „Darf ich dir dabei zusehen, wie du sie machst?“ wollte er wissen.
Soe hob erstaunt die Augenbrauen. Mit der Frage hatte sie nicht gerechnet. Sie war so überrascht, dass sie zuerst gar nicht antwortete. Ihre gesamte Familie hatte kaum Interesse am Heilerweisen. Susann und Maja kannten zwar die Grundbegriffe, zeigten aber keinerlei Interesse daran, mehr zu lernen, Collin und Gerret, ihr jüngster Sohn, hatte andere Dinge zu tun. Nur Liy, die jüngste ihrer Töchter, zeigte echten Wissensdurst an all diesen Dingen und mit ihren sechs Jahren war sie bereits in der Lage, sich die Rezepte von drei verschiedenen Salben zu merken.
Aber Janosch in das Heilerwesen einzuweisen, daran hatte Soe noch nie gedacht. Aber warum eigentlich nicht? Sie lächelte Janosch zu. „Natürlich kannst du mir dabei zusehen. Es ist aber wirklich nichts, was sonderlich aufregend wäre.“
Janosch blickte sie weiterhin mit seinem ersten, dunklen Blick an. „Ich weiss,“ erwiderte er. „Ich möchte ja auch kein Abenteuer erleben, ich möchte einfach nur sehen, wie du diese Salbe anrührst.“
„Also gut, dann komm.“ Soe ging voran in die Küche und Janosch folgte ihr. Sie gingen zu der großen Feuerstelle, über der ein kleiner Kessel voller kochendem Wasser hing. Liy stand neben dem Kessel auf einer kleinen Kiste und hielt eine Handvoll Kräuter in der Hand. Sie drehte den Kopf, als sie Schritte hörte und fragte mit ihrer leisen Stimme: „Darf ich die Kräuter jetzt ins Wasser werfen, Mammi?“ „Ja, aber ich möchte, dass du mir die Namen der Kräuter nennst, die du hineinwirfst,“ erwiderte Soe.
Liy tat, was sie ihr gesagt hatte und genau, wie Soe es erwartet hatte, kannte sie den Namen eines jeden einzelnen Krauts. Als Soe das Kraut hineinwarf, dass sie grade eben im Garten gepflückt hatte, rief Janosch, der bis dahin aufmerksam zugehört und –gesehen hatte: „Das kenne ich auch. Das ist das Adonkraut, das du grade im Garten gepflückt hast!“
„Völlig richtig, sehr gut,“ lobte Soe ihn. „Aber das war noch längst nicht alles, was man für diese Salbe braucht.“ Sie tat noch ein paar andere Zutaten hinein und erklärte den beiden Kindern genau, wie diese Zutaten hießen und wofür sie gut waren. Anschließend rührten sie gemeinsam die Masse zu einem Sud und löschten das Feuer unter dem Kesse. Danach wischte sich Soe die Hände an ihrer dreckigen Schürze ab und meinte zufrieden: „So, jetzt muss der Sud nur noch abkühlen und danach haben wir hoffentlich genug Salbe für zwei Phasen.“ Sie wandte sich an Liy. „So mein Schatz, wir werden, bevor es dunkel wird, noch eine Runde durchs Dorf gehen und mal nach Katahrins Kind sehen. Ich hole nur eben ein paar Sachen.“
Sie verschwand in einer kleinen Kammer, die an die Küche angrenzte und in der sie ihre Kräuter trocknete und ihre Salben und Medizin aufbewahrte.
Janosch folgte ihr interessiert. Ihm war die schmale Holztür am anderen Ende der Küche zwar bereits bei einem seiner unzähligen Streifzüge durch das Haus aufgefallen und hatte seine Neugierde geweckt, doch eine seiner Regeln, die er sich selbst vorgab, lautet, dass geschlossene Türen, so lange es nicht die Tür zu dem Zimmer war, dass er sich mit Collin und Gerret teilte, auch geschlossen blieben. Aber nun war die Tür offen und er konnte den kleinen Raum betreten, über dessen Inhalt er sich schon so oft den Kopf zerbrochen hatte. Ein wenig zögerlich trat er über die Schwelle und sofort empfing ihn dämmriges Licht und ein fremder, aber nicht unangenehmer Geruch.
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